Der Kaiser von Mallorca

Wer gute Musik für eine Ballermann oder Apres Ski Party sucht, kommt an Mickie Krause nicht vorbei. Wer steckt hinter der Person Mickie Krause? Das Ausgehmagazin Stadtgeflüster Münster führte ein interessantes Interview:

Eigentlich kennt man jeden seiner Songs und kann bei jedem zweiten den Refrain mitsingen. Ob man sich dazu bekennt, ist eine andere Frage. Die Schamgrenze ist bei Titeln wie „Geh doch zuhause, du alte Scheiße“ doch ziemlich hoch. Mickie Krause (34) bricht Tabus nicht, er pulverisiert sie. Damit lockt er die Massen, aber kollidiert auch schon mal mit internationaler Politik. Und mit seiner Vergangenheit.

Urs und Malte Spindler treffen Mickie Krause.

Malte Spindler

Mickie, warum hören Leute deine Musik, warum kommen sie zu deinen Konzerten?
Ich mache Stimmungsmusik, Musik für gute Laune. Wenn die Leute nachdenken wollen, dann hören sie Grönemeyer, Westernhagen oder wen auch immer. Wenn sie Spaß haben wollen, wird meine Musik gehört. Was Gottlieb Wendehals oder Klaus und Klaus in den 80ern gemacht haben, mache ich im Jahr 2008.

Welche Menschen spricht dein Programm an?
Das spricht 16 bis 17-jährige Jugendliche an, das spricht 70-jährige Opis an. Ich gehe da eher in die Breite, Ärzte wollen feiern, Rentner wollen feiern, und wenn Abiturienten nach Llorett de Mar fahren, wird zu Krause-Musik abgefeiert. Party¬musik wird überall gehört.

Es gibt auch die Gegenseite: Leute verlassen den Raum, wenn eines deiner Lieder anläuft. Was würdest du zu denen sagen?
Habe ich kein Problem mit, ich mache keine Musik, um allen Leuten gerecht zu werden. Ich gehe selbst raus, wenn irgendwo Herbert Grönemeyer oder PUR läuft. Das ist ganz und gar nicht meine Musik und jeder Mensch hat das Recht, seine Musik zu hören. Ich mache mich für meine Musik stark, andere Leute machen sich für die Musik anderer Leute stark.

Gehen wir ein bisschen in die Vergangenheit: In deiner Jugend sollst du deine Zeit bei den Pfadfindern und im Jugendgottesdienst verbracht haben. Wann kam der Punkt, an dem statt der Kirche eher der Club angesagt war?
Das war genau 1991. Bis dahin hab ich bei den Pfadfindern gearbeitet, jahrelang als Gruppenleiter für die „Wölflinge“, das sind die ganz Kleinen. Zu der Zeit war ich regelmäßig im Büro der DPSG (Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg, Anm. d. Red.) hier in der Ursulastraße in Münster. Ab 1991 wurde es mit der Musik ernster, freitags und samstags habe ich in Diskotheken gesungen und Party gemacht. Da war wenig Zeit übrig für die Pfadfinder.

Hast du zu dem Zeitpunkt auch deinen klassischen, bürgerlichen Namen abgelegt?
Ne, ich war schon immer irgendwie Mickie, das ist geblieben. Ich habe meinen bürgerlichen Namen nicht aus irgendeinem Grund abgelegt.

Noch ein paar alte Kamellen: Auf deiner Homepage schreibst du von „Jugenderfahrungen als Tempelhure“. Andere Quellen sprechen von Tupper-Partys. Was ist näher an der Realität?
Die Tupper-Partys sind schon näher an der Realität, aber Tempelhure klingt einfach besser für eine Pressemitteilung oder die Biographie. Da lügt sich jeder was zusammen, warum also nicht ich?

Bei solchen Aktionen und deinem Job im Allgemeinen: Wirst du privat überhaupt noch ernst genommen?
Auf jeden Fall, ich werde sehr ernst genommen. Ich habe Familie und wohne in einem kleinen Dorf hier in der Nähe. Da bin ich groß geworden, war im Fußballverein, bei den Pfadfindern und im Jugendliturgiekreis. Die Leute kennen mich und meine Merkwürdigkeiten. Wer stellt sich schon mit irgendwelchen Leuten auf den Marktplatz und singt? Klar, der Krause. Das war meine erste Bühne, genau wie die Pfadfinderfreizeiten, da habe ich auch mit den Kindern Gitarre gespielt und gesungen.

Eigentlich bist du ja auch Pädagoge …
Richtig, ich bin gelernter Jugend- und Freizeitpädagoge und habe auch in dem Bereich gearbeitet. Das fiel mir leicht, einen Witz oder einen Song hatte ich so oder so immer auf den Lippen.

Heute durchstreift Mickie Krause die weite Welt. Was ist geblieben von der Verbindung zur Region?
Das Münsterland ist absolut meine Heimat. Ich wohne gut 40 Kilometer nördlich von hier, ich hätte theoretisch heute mit dem Fahrrad kommen können. Oder einen Marathon laufen, den einen Kilometer mehr hätte ich auch noch irgendwie geschafft.

Man könnte denken, Mallorca wäre dein wahres Zuhause …
Mallorca ist meine zweite Heimat. Außerdem, ich fahre 25 Minuten zum Flughafen Münster-Osnabrück, dann bin ich in zweieinhalb Stunden auf Mallorca, besser geht es nicht. Aber das Münsterland war immer meine Heimat und wird es auch immer bleiben. Mallorca ist nur die Nummer zwei.

Und auf Mallorca lässt Mickie Krause dann alle Zügel fallen?
Auf Mallorca lasse ich natürlich permanent die Sau raus. Das wird auch irgendwie von mir erwartet. Aber wenn ich aus dem Flieger steige, muss ich mir auch nicht sagen „Okay, jetzt bist du der Mallorca-Mickie.“ Wenn ich nachts um halb zwei auf der Bühne stehe und da warten 3.000 Leute auf mich, dann bin ich hochmotiviert, dann wird gefeiert und die Hütte abgerissen.

Du nennst dich mittlerweile den „wahren König von Mallorca“ …
Nein, so nenne ich mich nicht selbst. So nennen mich viele Diskotheken, DJs und Veranstalter. Vielleicht haben sie vorher mal den Jürgen Drews gebucht und im Nachhinein mir die Krone aufgesetzt. Irgendwie so hat sich das entwickelt.

Und was hält der Kollege Drews davon?
Jürgen kommt auch hier aus der Gegend und wir Münsterländer halten alle irgendwo zusammen. Wir sind keine Konkurrenz, im Gegenteil. Letztes Jahr haben wir gemeinsam gesungen und werden das auch mit Sicherheit wiederholen. Um das abzuschließen: Jürgen Drews ist der König von Mallorca, aber ich bin der Kaiser.

Jürgen hat schon ein paar Lenze mehr als du. Was wirst du in seinem Alter machen?
Ich habe keine Ahnung. Ich habe mich 1998 mit Partymusik selbstständig gemacht, hätte mich damals jemand gefragt: „Wie lange willst du das machen?“, hätte ich auch keine Antwort geben können. Ich hatte mir zwei Jahre genommen, um zu sehen, ob ich mit dem, was ich mache, über die Runden kommen kann. Mein Ziel war, mit Musik so viel zu verdienen wie vorher als Erzieher. Das ist mir ganz gut gelungen und am ersten Februar in diesem Jahr hatte ich mein zehnjähriges Bühnenjubiläum. Solange ich glaubwürdig bin und die Leute nicht sagen: „Ey Opa, was willst du denn hier?“, werde ich weitermachen, hoffentlich mindestens noch mal zehn Jahre.

In den Jahren deiner Karriere bist du häufig mit Provokation aufgefallen. Was spielt das für eine Rolle in deinem Geschäft?
Wie ich immer wieder feststellen muss, spielt Provokation eine große Rolle, denn seit Kurzem gibt es wieder Diskussionen bezüglich meines Titels „Finger im Po, Mexiko“. Sogar der mexikanische Botschafter hat sich eingeschaltet …

In einem Interview hast du den Botschafter auf ein paar Tequila eingeladen, hat er sich noch mal bei dir gemeldet?
Nein, aber ein Politiker der SPD hat sich geäußert und möchte, dass ich den Song aus dem Repertoire rausnehme. Das werde ich natürlich nicht tun. Ich weiß nicht, wie viele Mexikaner sich über den Titel beklagt haben, aber 10.000 Menschen, die in Deutschland leben, haben den Song gekauft. Und wenn jetzt diese 10.000 vielleicht 300 Leuten gegenüberstehen, die den Song nicht mögen, muss ich der Mehrheit einfach gerecht werden und den Song spielen. Außerdem war der Song völlig anders gemeint, er handelt vom Fluss „Po“ in Italien. Da habe ich den „Finger in den Po“ gehalten und genau das haben wir damals in die Pressemitteilung geschrieben. Von daher verstehe ich die Aufregung nicht.

Wobei die Übertragung schon ziemlich direkt ist, wenn es weitergeht mit: „Finger in die Vagina, Bosnien-Herzegowina“.
Das ist eine Auslegung der Bild-Zeitung. Das singe nicht ich, sondern andere Leute während meiner Auftritte.

Ist die Provokation kalkuliert?
Nein, ich möchte auf keinen Fall gezielt provozieren. Eine Wirkung kann ich allerdings nicht leugnen. Die „Zehn nackten Friseusen“ sind hauptsächlich durch bitterböse Briefe der Friseurinnung Hamburg bekannt geworden. Der ganze Rummel hat dem Song erst diesen richtigen Schub gegeben. Und genau so verhält es sich mit dem Schreiben des Botschafters: „Finger im Po, Mexiko“ ist diese Woche noch mal von 0 auf Platz 76 der Single-Charts gestiegen. Aber ich möchte noch mal betonen: Wir setzen uns nicht hin und überlegen: „Hey, wem können wir jetzt mal einen mitgeben, mit welchem Song können wir provozieren?“ Ich hätte nie gedacht, dass diese Zeile so ernst genommen wird. Wir nehmen sie nicht so ernst und ich nehme sie auch beim besten Willen nicht wörtlich.

Auf deiner Internetseite gibt es ein Flash-Spiel, bei dem sich ein Mann mit Sombrero und Schnurrbart buchstäblich den Finger in den Po schiebt. Von wem war die Idee?
Das war die Entscheidung meiner Plattenfirma. Das ist eine Sache gewesen, mit der ich ein Problem hatte, denn der Mexikaner bin ich. Ich stecke mir in dem Spiel selbst den Finger in den Po. Finde ich nicht besonders witzig, durch so etwas wird man auch in irgendeine Ecke gedrängt, wo man gar nicht hinmöchte. Dass sich da jemand beklagt, kann ich nachvollziehen, aber der Vorwurf geht klar an meine Plattenfirma.

Wir sind eben schon kurz auf die „Zehn nackten Friseusen“ gekommen. Das war quasi dein Durchbruch?
Die „Zehn nackten Friseusen“ sind im Original von Lou Richter. Und ganz ehrlich: Als ich das erste Mal den Refrain gehört habe, „Zehn nackte Friseusen, mit richtig feuchten Haaren“, habe ich diese Sinnhaftigkeit gar nicht verstanden. Im Gegensatz zu meiner damaligen Freundin und meinem Bruder, die haben lachend am Boden gelegen. Ich meinte noch zu ihnen: „Ist doch gar nicht witzig, reimt sich doch gar nicht.“ Hat bei mir noch einen Moment gedauert …

Ein Satz zum Thema Frauenfeindlichkeit?
Ich bin überhaupt nicht frauenfeindlich, ich hab vier Frauen zu Hause sitzen, da kann man sich keine Frauenfeindlichkeit erlauben. Im Ernst, ich will nicht irgendwelche Frauen beleidigen oder verletzen, genauso wenig wie ich Randgruppen bloßstellen möchte. Dafür ist meine Musik nicht da. Meine Schwägerin ist selbst Friseuse, die findet den Song witzig. Wenn jemand gerne ein bisschen Spaß hat und auch mal ein Auge zukneifen kann, dann kann er auch meine Lieder mit Humor nehmen. Man muss sich nicht immer über jede Textzeile Gedanken machen. Anderes Beispiel, „Geh doch zuhause, du alte Scheiße“ ist schon sehr, sehr eindeutig. Aber er richtet sich an niemanden, ich versuche damit nicht, jemanden zu beleidigen.

Und wie sieht das bei Auftritten aus? Die Frauen, die zu dir auf die Bühne kommen, müssen sich einiges gefallen lassen …
Wer nicht auf die Bühne will, muss auch nicht hochkommen. Das ist einfach Teil der Show und die Mädels, die auf die Bühne kommen, wissen das.

Sind das gekaufte Leute?
Nein, ich habe bei Auftritten noch nie Leute gekauft, das macht keinen Sinn. Wenn es aber um irgendwelche Fotos geht, auf denen Frauen oben-ohne rumrennen, bestehe ich auf gekaufte Models. Weil eins wäre peinlich für die Mädels, die sich auf die Bühne stellen und den Oberkörper freimachen: Sich selbst zwei Tage später in der Bild-Zeitung wiederzufinden. Da bin ich völlig fair, für so etwas nehmen wir Frauen, die wir dafür verpflichten und die damit leben können.

Führt das nicht zu Konflikten, wenn deine Familie oder Freunde dich mit jungen Frauen auf der Bühne sehen?
Ich trenne da ganz klar zwischen Job und Privatleben. Jeder Vater, der in einer Fabrik oder einem Unternehmen arbeitet, kommt nach Hause und lässt die Arbeit hinter sich. Das ist bei mir nicht anders: Zu Hause bin ich Familienvater. Außerdem ist nackte Haut nicht der zentrale Bestandteil meiner Show. Letzte Woche bin ich auf einer Karnevalsveranstaltung der Kreisverwaltung Burgsteinfurt aufgetreten. Da waren 400 begeisterte Beamte und 100 Karnevalsprinzenpaare, mit denen haben wir ganz gepflegt gefeiert. Von solchen Veranstaltungen gehen die Leute nach Hause und denken: „Jetzt können wir verstehen, warum es Krause-Fans gibt, denn der Mann versteht es wirklich, die Hütte abzureißen.“ Und das ist auch meine Aufgabe: 30-40 Minuten für Stimmung sorgen und nichts anderes.

Du hast mal gesagt, du hättest dein Hobby zum Beruf gemacht?
Ja, zu der Zeit war ich Postbote. Im Nachhinein ganz witzig der Satz, aber es war auch einfach so: Ich habe schon immer Musik gemacht, wenn im Ferienlager irgendwelche Shows nachgestellt wurden, stand ich auf der Bühne und habe vollplayback gesungen. Ich hatte mit 15 meine erste Rockband und bin mit vier anderen Jungs aus meinem Dörfchen in Jugendzentren aufgetreten. Viele bei mir aus dem Ort sagen mir heute: „Ich weiß noch, wie du mit 15 auf der Bühne standest und davon überzeugt warst, du würdest irgendwann mit Musik dein Geld verdienen.“ Gott sei Dank hat das geklappt.

Was wäre sonst aus Mickie Krause geworden?
Keine Ahnung, darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich muss allerdings sagen, dass ich mit meinem Beruf als Jugend- und Heimerzieher durchaus zufrieden war. Das war keine Notlösung, auch da war ich immer motiviert.

Peinliche Fragen zum Schluss: Warum eigentlich immer die Perücke?
Das ist einfach eine Verkleidung, eine Maske. Ich kann bei Auftritten viel einfacher in eine Rolle schlüpfen, wenn ich anders aussehe. Das habe ich schon früh gemerkt und ich finde es einfach wunderbar. Und so kann ich unbehelligt in Münster durch die Arkaden laufen: Ohne Perücke erkennt mich kaum jemand.

Danke, Mickie Krause!

Mickie Krause
Geb. am 21. Juni 1974 in Wettringen, im Münsterland aufgewachsen und auch heute noch mit seiner Familie hier ansässig. Ob im Pfadfinderlager, auf Tupperpartys oder im siebzehnten deutschen Bundesland, schon immer fand und findet man Mickie Krause auf der Bühne. Nach einer abgeschlossenen Ausbildung als Jugend und Heimerzieher entschied er sich doch für die Musik und machte sich mit seinem Unterhaltungsprogramm selbstständig. Spätestens seit „Zehn nackte Friseusen“ (1999) ist Mickie ein ständiger Bestandteil deutscher Partykultur

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